Manchmal habe ich den Eindruck, dies ist der am meisten verwendete Satz von Mediatoren. Das ist keine Mediation! Nachdem er gefallen ist schließt sich eine Diskussion an, dass nicht sein soll was nicht sein darf, um in einem weiteren Schritt zu definieren, was wie zu sein hat. Ausgerechnet wir Mediatoren lassen uns auf dieses Spiel ein.
Natürlich ist es notwendig, sich darüber zu verständigen, was die Mediation genau ist und wie das Verfahren abzulaufen hat, damit es eine Mediation wird. Wir lernen aber auch, wie vielfältig das Leben ist und wie kreativ der Mensch sein kann. Wenn aus den Standards dann Gesetze und Vorschriften werden, die nicht mehr nur eine Orientierung geben sondern Ausschlüsse treffen, dann führt sich die Mediation selbst ad absurdum. Die Mediation soll ein autonomes, freiwilliges und eigenverantwortliches Verfahren der Streitparteien sein. Je mehr wir Mediatoren uns also den Kopf darüber zerbrechen, wann die Partei wie freiwillig an dem Verfahren teilzunehmen hat und unter welchen Bedingungen sie sich vertraulich äußert, desto weniger bemerken wir, wie wir das Verfahren und die darauf bezogenen Entscheidungen der Parteidisposition wieder entziehen. Die Eigenverantwortung wird in dem Moment eingeschränkt, in dem sie postuliert wird. Welches Menschenbild verbirgt sich hinter diesem Regelungswahn oder geht es dabei gar nicht um die Menschen?
Guten Tag!
Die Geschichte mit dem römischen Prätor ist ein ziemlicher Augenöffner.
Man müsste überlegen, ob es so etwas gibt, wie eine “Evolution des Rechts” bzw. “Evolution der Konfliktlösung”; eine Entwicklung hin zum Besseren bzw. besser an die “Umgebung” angepassten. Wenn der Bürger auf der einen Seite angeblich immer mündiger wird (was manchmal im Prinzip wohl auch nur heißt, dass er sich häufiger bei Behörden und Verbraucherschützern beschwert), dann müssten Konfliktlösungskonzepte, die eine höheres Maß an “Mündigkeit” erfordern (und erlauben!), künftig die adäquateren sein.
Wenn das Denken in Ansprüchen ursprünglich eine Herrschaftsinstrument war, ist das vielsagend. Viel von herrschaftlichem Anspruch ist ja auch generell in unserer Rechtsordnung tradiert – etwa, dass Juristen (wie auch Lehrer) nach preussischer Gewohnheit Staatsexamen haben müssen und nicht einfach von der Universität geprüft werden.
Der Justizgewährungsanspruch ist außer Zweifel eine höchst wertvolle Einrichtung.
Vielleicht trägt der Ansatz einer immer von engsten Vorgaben befreiten (integrierten) Mediation etwas zum Erwachsenwerden der Gesellschaft bei. Das ist weniger bequem – passt aber besser zu einer freiheitlich demokratischen Grundorndung.
Beste Grüße
Peter Wallisch