Am 27. und 28. Mai 2010 fand in Paris eine Konferenz für europäische Mediatoren und vor allem der Mediatorenverbände statt. Die Veranstaltung wurde getragen von der CEM2010, eine Partnerschaft die sich mit EMNI, der European Mediation Network Initiative berufen fühlte, die 3rd european conference on mediation in Bourgh La Reine, einem Stadtteil von Paris zu veranstalten. Der Titel der Veranstaltung lautete: „civil society in Europe, toward a new mindset“. Ca 400 Teilnehmer beispielsweise aus Finnland, Frankreich, Deutschland, Österreich, Belgien, Luxemburg, UK, Irland, Italien, Kroatien, Slowenien, Rumänien, Tschechien, Spanien, Portugal, den Niederlanden, Marokko, Russland, Amerika, Brasilien und Neuseeland folgten dem interessanten Workshopangebot, das durchaus zu einem spannenden Erfahrungsaustausch beigetragen hat.
Wir haben es dem französischen Charme zugeschrieben, dass die Teilnehmer der Konferenz manches Mal auf sich selbst gestellt waren. Wir, das bin ich, der Verfasser des Beitrages und viele Kongressteilnehmer, mit denen ich ins Gespräch gekommen war. Man könnte natürlich auch den Gedanken aufkommen lassen, es sei eine von Mediatoren zu erwartende Eigenverantwortung, zunächst den Veranstaltungsort und dann die im Viertel verstreuten Tagungsstätten zu finden. Wer vermutet eine solche Konferenz schonin einem Theater? Es bedurfte auch eines gewissen Enthusiasmusses sich in Workshopräumlichkeiten zu begeben, die lediglich durch eine mobile Trennwand voneinander abgegrenzt waren. Als Mediatoren konnten wir uns jedoch mit den Nachbarworkshops so abstimmen, dass man mit etwas Konzentration den Trainer des eigenen Workshops leidlich verstehen konnte. Vielleicht hatte ich auch einfach nur Pech mit den von mir gewählten Workshops. Das Lunch nahmen wir im freien Stand ein. Es gab Häppchen, französische Küche. Hat gut geschmeckt. Im Stehen und ohne einen Tisch kann man so viel aber auch gar nicht essen. Man hat ja nur zwei Hände. Das Notebook konnte ich über meine Schulter hängen, ebenso die Tagungsunterlagen, die uns in einer edlen Tasche mit dem CEM2010 Logo, einer Hochglanzbroschüre mit Agenda, einem geprägten Notizblock und den unausweichlichen Werbeprospekten übergeben wurden. Jetzt hatte ich noch eine Hand für den Teller und eine für das Getränk. Meinen Apfelsaft konnte ich glücklicherweise in eine Halterung einhängen, die wiederum am Teller befestigt war. Es war etwas umständlich aber man gewöhnte sich daran und plötzlich war es spannend im Stehen zu essen. Unwillkürlich bewegt man sich dabei und kommt mit mehr Personen ins Gespräch als sonst an einem Tisch sitzen. Beim Dinner jedenfalls wurden wir bestens entschädigt. Jetzt wurden große runde Tische aufgebaut, es spielte eine Band und es gab sogar moderierende Einlagen, die einen Bezug zur Mediation herstellten. Ich war im Gespräch mit meinen Tischpartnern involviert und hatte mich nicht sehr auf das Abendprogramm konzentriert. Immerhin geben solche Konferenzen die Chance, alte Bekannte wieder zu treffen.
Die Stimmung war gut und ausgeglichen. Gesprochen wurde englisch oder französisch. Für diese Sprachen gab es auch Simultanübersetzungen bei den Podiumsveranstaltungen. Das – fand ich – war absolut ausreichend. Es gab überhaupt keine Verständigungsprobleme. Auch nicht in den Workshops.
Das Konzept der Tagung folgte dem üblichen Rhythmus. Zunächst gab es die Veranstaltung im Podium, ein Theatersaal im Agoreine. Die übliche Eröffnung mit ViPs. Dann internationale Vorträge über Ombudsmänner als Mediatoren mit der Möglichkeit einer Podiumsdiskussion. Ich behielt in Erinnerung, dass einer der Podiumsredner behauptete, 98% der Bevölkerung wolle die Gesetze befolgen. Man müsse ihnen das Recht jedoch verständlich machen, damit es befolgt werden könnte. Ich denke gerade an das Steuerrecht und die Straßenverkehrsordnung. Überlege, woher die 98% der Gesetzesbefolger kommen könnten. Fühlte mich – offen gesagt – beim Thema Ombudsmann nicht wirklich angesprochen. Die Gedanken, warum Ombudsmänner in Demokratien welche Funktion wahrnehmen sollten und inwieweit darin die Mediation zum Vorschein kommt, sind trotzdem äußerst spannend. Anschließend gab es bis zum Ende der Veranstaltung ein wirklich imposantes Angebot an Workshops. Ganz sicher etwas für jeden, der mit Mediation zu tun hat. Das Spektrum reichte von Workshops über Techniken und Methoden, zu neuen Mediationsfeldern und einer internationalen Übersicht. Spannend war schon, dass die Workshops von Dozenten aus verschiedenen Nationalitäten und Anwendungsfeldern stammten. So fand ich in jedem Veranstaltungsblock immer mindestens einen Workshop der mich wirklich interessierte. Das Motto der Veranstaltung fand ich nur insoweit verwirklicht, als die Mediation selbst als das new mindest angesehen wird. Leider ging es nicht um die Frage, ob nicht die Mediation gegebenenfalls selbst ein neues mindset benötigt, um dem der Gesellschaft besser zu entsprechen.
Glücklicherweise nahm ich an der Generalversammlung der EMNI teil, die am Abend des ersten Tgunstages statt gefunden hat. Hier erfuhr ich, dass Gremien eingesetzt werden, die sich mit den Verbandsaufgaben auseinandersetzen. Es wird vordenkende Gremien zur Frage der EU Direktive und deren Umsetzung, natürlich wieder zur Standardisierung und Professionalisierung geben aber auch wie das Netzwerk unter den Mediatoren international optimiert werden kann. Eine Maßnahme in diese Richtung ist der Einsatz sogenannter national coordinators, die den Informationsaustausch untereinander und zu den Mediatoren, Gremien und Repräsentanten im jeweiligen Inland sicherstellen sollen. Es gab eine kurze Diskussion, ob der Verband den Benefit der Mitglieder fokussieren solle. Ich sehe den Benefit eines internationalen Netzwerkes mit internationalen Veranstaltungen zunächst durchaus darin verwirklicht, die kulturell abweichenden Phänomene der Mediation herauszustellen, sich also auch mit dem Thema Mediation an und für sich zu befassen. Weitere und vielleicht noch wichtigere Aufgaben sehe ich darin, ein offenes Forum für Repräsentanten der Mediation zu sein, in dem die Bandbreite der Mediation in ihrer kulturellen, gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Entwicklung selbst zum Gegenstand der Auseinandersetzung wird. Die Ansichten über Mediation und deren gesellschaftlicher Verwirklichung sind keinesfalls eindeutig und besonders nicht im internationalen Vergleich. Für viele ist Mediation mehr als nur ein Verfahren, das die Gerichte entlasten soll. Die Mediation bedient deshalb eine Bandbreite von einem mehr oder weniger formalisierten Verfahren bis hin zu einer Lebenseinstellung. Natürlich gab es noch ein Zusammentreffen im Plenum am Ende der Veranstaltung. Leider musste ich – wie viele Kollegen/Innen auch – etwas früher abreisen.
Mein Resumee: Die Veranstaltung war gut gelungen. Es hat sich gelohnt teilzunhemen. Die Konferenz war eine der großen Veranstaltungen mit einer dementsprechend großen Teilnehmerzahl. Trotzdem hat alles funktioniert. Mir fiel auf, wie präzise der Zeitplan eingehalten wurde. Es gab die Möglichkeit, interessante Menschen kennen zu lernen und sich gut auszutauschen, einmal wieder über die Grenzen zu schauen. Viele nützliche Informationen konnte ich mitnehmen, auch wenn es für mich nicht wirklich etwas Neues zu sehen gab. Spannend, kurzweilig und informativ war es trotzdem. Und das ist doch die Hauptsache – oder?
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