Dort wo ein Cappuchino nicht billiger ist als 5 EUR, wo ein Quadratmeter Wohnfläche weitaus mehr kostet als 6000$, wo mehr als 11,5 Mio (offizielle Zählung) Menschen wohnen, und wo Russen neben Tartaren, Mongolen und anderen Kulturen aufwachsen, dort wo es die größten Museen der Welt gibt und wo der Eintritt in das Bolschoi (großes) Theater nicht unter 150$ zu haben ist, dort wo 16 spurige Straßen durch die Stadt führen, dort trafen sich Mediatoren aus aller Welt zum 4. internationalen Kongress für Mediation.
Mediation as an Investment in the Future, so lautete der Titel der Veranstaltung. Sie wurde ausgelegt und aufwändig organisiert von Dr. Tsisana Shamlikashvili, die Präsidentin des Center for Mediation and Law. Die Konferenz fand statt in Moskau und dauerte vom 27. bis 29. Oktober 2011. Dr. Tsisana Shamlikashvili ist übrigens auch ein Mitglied der IM. Sie war zuvor bereits auf unserem Kongress in Berlin zu hören und zu sehen.
Auffällig war, dass der Anteil der ausländischen Experten überwog. Ich bin mir nicht sicher, ob daraus Rückschlüsse möglich sind. Das Publikum jedenfalls zeigte sich sehr interessiert. Es ist wohl auch der russischen Kultur zuzuschreiben, wie aufmerksam die Teilnehmer die Fülle der Vorträge von morgens 9 bis abends 6 Uhr ertrugen. Sie hörten sehr aufmerksam zu und warteten geduldig, bis ihnen der Raum gegeben wurde, Fragen zu stellen. Die Art und Weise, wie welche Fragen gestellt wurden, belegen das Interesse und die Denkrichtung, in der man die Mediation in Russland für möglich hält. In Russland gibt es ein Mediationsgesetz seit etwa 4 Monaten. Wie in anderen Ländern ist der Umgang mit Mediation jedoch noch zurückhaltend. Das Interesse für oder gegen die Mediation ist wie überall vielschichtig und abhängig von denen, die glauben, die Mediation sei nützlich oder schädlich für sie. Manche denken, die Mediation sei ein Mittel um die Justiz zu entlasten. Andere glauben, sie sei ein Mittel gegen die Korruption, wieder andere meinen, sie sei nicht möglich gerade wegen der Korruption. Auch hier denken die Rechtsanwälte, sie seien die besseren Konflikthelfer. Den Einen gefällt die friedliche und offene Art mit Konflikten umzugehen, die Anderen haben Angst davor. Es ist das Land, wo ein Mediator sich anbietet, den Streit zwischen Ganoven zu regulieren, die ihren Disput ja schlecht vor Gericht austragen können. Es ist das Land wo der Arbitration court ein Handelsgericht ist und nicht eben ein Schiedsgericht. Es ist das Land wo der Einfluss der regierung groß ist und wo die Erstellung von 5 Jahresplänen den Stil des Verhandslns prägen. Es ist das Land, das sich stolz zeigt aber voller Probleme steckt. In diesem Spannungsfeld war die Auswahl der ausländischen Experten gut getroffen. Experten waren:
- Tsisana Shamlikashvili, President of Scientific and methodological center for mediation and law, President of National Organization of Mediators
- Pavel Krasheninnikov, Head of the State Duma Committee for Civil, Criminal, Arbitrary and Procedural Legislation, president of the Association of Lawyers of Russia.
- Arkady Dvorkovich, Assistant to the President of Russia
- Veniamin Yakovlev, Advisor to the President of Russia, co-president of the Association of Lawyers of Russia.
- Victor Evtukhov, Deputy Minister of Justice of Russia
- Vladimir Pligin, Head of the State Duma Committee for Constitutional Legislation and State Building, Russia
- Mikhail Mishustin, Head of the Federal Tax Service, Russia
- Diana Wallis, Vice-President of the European Parliament, the UK
- Anatoliy Tikhonov, First Vice-President of the Vnesheconombank, Russia
- Sir Gavin Lightman, President of GEMME, the UK
- Evgeniy Semenyako, President of the Federal Chamber of Lawyers, Russia
- Victor Blazheev, Principal of the MSLA, Russia
- Louise Otis, mediator in commercial and in civil disputes, Canada
- Jay Folberg, Executive Director of the JAMS Institute, the USA
- David Richbell, commercial mediator and trainer, the UKBeatrice Brenneur, the founding member and vice-president of GEMME Europe, founder and president of GEMME France and CIMJ
- Gordana Ristin, President of the Slovenian Association of Mediators
- Arthur Trossen, practicing mediator and an international expert in ADR, founder of “Integrierte mediation”, Germany
- Robert Levy, consultant in Mediation for the Federal Judicial Center, Canada
- Andrew Lee, founder of the Leading Negotiation Institute (Australia)
- Srjdan Schimac, judge and the founding member of the Croatian Mediation Association
- Victor Blazheev, Principal of the MSLA (Russia)
- Tatiana Andreeva, Vice-President of the Supreme Arbitration Court, Russia
- Оlga Sviridenko – President of the Federal Arbitration Court of the Central District (Russia)
- Irina Reshetnikova, President of the Federal Arbitration Court of the Ural District (Russia)
- Robert Levy, consultant in Mediation for the Federal Judicial Center (USA)
Es war spannend, die unterschiedlichen Erfahrungen und Berichte aus den einzelnen Ländern und Regionen der Welt zu erfahren. Der Bogen war gespannt von den USA bis China. Der Schwerpunkt lag auf der Gerichtsmediation, aber nicht nur. Die Frage einer Mediationsverpflichtung stand im Vordergund. Die Mediation in Russland ist noch am Anfang. Man ist interessiert aber skeptisch. Umso aufmerksamer beobachteten die Zuschauer die Beispiele und Erfahrungen der ausländischen Experten. Bemerkenswert war die Offenheit und das Interesse, das ihnen entgegen gebracht wurde – wenigstens vom anwesenden Publikum. Der 4. internationale Kongress für Mediation in Moskau hat zweifellos eine Marke gesetzt. Bis sich die Mediation in Russland etablieren kann, ist jedoch noch ein langer Weg.
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