Mediationsverfahren in der Schweizerischen Zivilprozessordnung ab 01.01.2011
Die neue Zivilprozessordnung der Schweiz, die per 01.01.2011 eingeführt wird und die die bisherigen kantonalen Prozessrechte ablöst, misst der vor- bzw. aussergerichtlichen Streitbeilegung einen hohen Stellenwert zu. Insbesondere wird die gerichtsnahe Mediation in der Schweiz eingeführt, wobei Organisation und Durchführung der Mediation Sache der Parteien ist. Die Mediation findet ausserhalb des Gerichts bei einem Mediator statt.
Die Art. 213 bis 218 regeln die Mediation wie folgt:
Art. 213 Mediation statt Schlichtungsverfahren
1 Auf Antrag sämtlicher Parteien tritt eine Mediation an die Stelle des Schlichtungsverfahrens.
2 Der Antrag ist im Schlichtungsgesuch oder an der Schlichtungsverhandlung zu stellen.
3 Teilt eine Partei der Schlichtungsbehörde das Scheitern der Mediation mit, so wird die Klagebewilligung ausgestellt.
Art. 214 Mediation im Entscheidverfahren
1 Das Gericht kann den Parteien jederzeit eine Mediation empfehlen.
2 Die Parteien können dem Gericht jederzeit gemeinsam eine Mediation beantragen.
3 Das gerichtliche Verfahren bleibt bis zum Widerruf des Antrages durch eine Partei oder bis zur Mitteilung der Beendigung der Mediation sistiert.
Art. 215 Organisation und Durchführung der Mediation
1 Organisation und Durchführung der Mediation ist Sache der Parteien.
Art. 216 Verhältnis zum gerichtlichen Verfahren
1 Die Mediation ist von der Schlichtungsbehörde und vom Gericht unabhängig und vertraulich.
2 Die Aussagen der Parteien dürfen im gerichtlichen Verfahren nicht verwendet werden.
Art. 217 Genehmigung einer Vereinbarung
1 Die Parteien können gemeinsam die Genehmigung der in der Mediation erzielten Vereinbarung beantragen. Die genehmigte Vereinbarung hat die Wirkung eines rechtskräftigen Entscheids.
Art. 218 Kosten der Mediation
1 Die Parteien tragen die Kosten der Mediation.
2 In kindesrechtlichen Angelegenheiten nicht vermögensrechtlicher Art haben die Parteien Anspruch auf eine unentgeltliche Mediation, wenn:
- ihnen die erforderlichen Mittel fehlen; und
- das Gericht die Durchführung einer Mediation empfiehlt.
3 Das kantonale Recht kann weitere Kostenerleichterungen vorsehen.
Neu ist damit, dass die Parteien zwischen der staatlichen Schlichtungsstelle und einem privaten Mediator wählen können, wobei die Kosten für eine private Mediation selber übernommen werden müssen.
Das Gesetz stellt keine besonderen Ansprüche an das Mediationsverfahren und/oder an die Ausbildung des Mediators. Hier wird es Sache des Marktes sein, duch ein Angebot an ausgebildeten Mediatoren eine hohe Qualität sicherzustellen.
Nach Art. 166 Abs.1 litt. d hat der Mediator ein beschränktes Verweigerungsrecht zur Mitwirkung im Gerichtsverfahren:
Art. 166 Beschränktes Verweigerungsrecht
1 Eine dritte Person kann die Mitwirkung verweigern:
d. wenn sie als Ombudsperson, Mediatorin oder Mediator über Tatsachen aussagen müsste, die sie im Rahmen der betreffenden Tätigkeit wahrgenommen hat.
Das „beschränkte Verweigerungsrecht“ bedeutet, dass der Mediator den Grund für die Weigerung substantiieren muss. Der Grund liegt dabei um Umstand, dass in der Mediation nebst dem Konflikt auch persönliche Interessen und Hintergründe erarbeitet werden. Diese Informationen können im Gerichtsverfahren nicht offengelegt werden und müssen somit als Begründung genügen.
Nach kontroversen Diskussionen in den Parlamenten wird die Schweiz ab 01.01.2011 nun also erstmals eine in allen Kantonen gültige Zivilprozessordnung haben, welche die Mediation explizit erwähnt und damit fördert.
Im neu erschienen Buch „Mediation und Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweizerischen Zivilprozessordnung, Eine Untersuchung zur Streitbehandlunglehre: Verfahrensvergleich und –auswahl anhand gesetzlich geregelter Alternativen zum staatlichen Zivilprozess – Mediation, Schiedsgerichtsbarkeit und deren Hybridisierung“ von Jürg Gian Schütz wird unter anderem auf die neue Regelung der Mediation auf Bundesebene in der Schweiz eingegangen.
(Jürg Gian Schütz, Dr. iur, dipl. Arch. FH, Mediator SAV: Mediation und Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweizerischen Zivilprozessordnung, Stämpfli Verlag AG Bern, 2009, ISBN 978-3-7272-0034-2).
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