Das Bundesamt für Justiz, Referat VIII 3 (Verbraucherstreitbeilegung; Liste qualifizierter Einrichtungen nach dem UKlaG), hat den ersten Bericht über die alternative Streitbeilegung gemäß Artikel 20 Absatz 6 der Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und § 35 des Gesetzes über die alternative Streitbeilegung in Verbrauchersachen (Verbraucherstreitbeilegungsgesetz – VSBG) veröffentlicht. Hier finden Sie die wichtigsten Aussagen und Hinweise.

Seit dem Inkrafttreten des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes (VSBG) am 1. April 2016 wurden in Deutschland bereits 25 Verbraucherschlichtungsstellen anerkannt, eingerichtet oder beauftragt. Das Bundesamt für Justiz ist die zentrale Anlaufstelle für die Europäische Kommission, wenn es um die Frage der Verbraucherschlichtung geht. Die Aufgaben sind:

  1. Anerkennungs- und Widerrufsbehörde
  2. Zentrale Anlaufstelle für Verbraucherschlichtung
  3. Beratungsstelle für alternative Streitbeilegung und Kontaktstelle für die Europäische Plattform zur Online-Streitbeilegung
  4. Bußgeldbehörde

Das Bundesamt für Justiz hat alle vier Jahre einen Verbraucherschlichtungsbericht vorzulegen. Daneben ist es die Anerkennungsbehörde für privatrechtlich organisierte Schlichtungsstellen, die als Verbraucherschlichtungsstelle tätig werden wollen.

Das VSBG zielt darauf ab, die außergerichtliche Beilegung von Verbraucherstreitigkeiten auszubauen und ein flächendeckendes Angebot an Schlichtungsstellen zur Verfügung zu stellen. Den Verbraucher sollen ein leicht zugängliches, einfaches, schnelles und kostengünstiges Verfahren zur Geltendmachung ihrer Rechte alternativ zum Gericht zur Verfügung stehen. Der Bericht will untersuchen, inwieweit dieses Ziel erreicht wurde.

Gesetze

Gesetze, die sich mit der Verbraucherstreitbeilegung in Deutschland befassen sind:

  1. Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG)
  2. Unterlassungsklagengesetz und Finanzschlichtungsstellenverordnung (UKlaG)
  3. LuftverkehrsgesetzundLuftverkehrsschlichtungsverordnung (LuftVG)
  4. Luftverkehrsschlichtungsverordnung (LuftSchlichtV)
  5. § 214 Versicherungsvertragsgesetz (VVG)
  6. § 111b Energiewirtschaftsgesetz (EnWG)
  7. § 191f Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO)
  8. § 18 Postgesetz (PostG)
  9. § 47a Telekommunikationsgesetz (TKG)
  10. § 37 Eisenbahn-Verkehrsordnung (EVO)
  11. § 6 EU-Fahrgastrechte-Kraftomnibus-Gesetz (EU-FahrgRBusG)
  12. § 6 EU-Fahrgastrechte-Schifffahrt-Gesetz (EU-FahrgRSchG)

Verbraucherschlichtungsstellen

Von den 25 Verbraucherschlichtungsstellen sind 6 behördliche Stellen. Als Verbraucherstchlichtungsstellen sind gelistet:

  1. Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft (§ 191 f Bundesrechtsanwaltsordnung) 21,
  2. Schlichtungsstelle Post der Bundesnetzagentur (§ 18 Postgesetz, § 10 Postdienstleistungsverordnung) und
  3. Verbraucherschlichtungsstelle Telekommunikation der Bundesnetzagentur (§ 47a Telekommunikationsgesetz).
  4. Schlichtungsstelle bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (§ 14 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 1 UKlaG),
  5. Schlichtungsstelle bei der Deutschen Bundesbank (§ 14 Absatz 1 Satz 2 Halbsatz 2 UKlaG) und
  6. Schlichtungsstelle Luftverkehr beim Bundesamt für Justiz (§ 57a Absatz 1 Satz 1 LuftVG).
  7. Allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle am Zentrum für Schlichtung e. V. und
  8. Anwaltliche Verbraucherschlichtungsstelle NRW e. V.
  9. Schlichtungsstelle Energie e. V.
  10. Kundenbeschwerdestelle beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffei- senbanken e. V.
  11. Ombudsmann der Privaten Banken
  12. Ombudsstelle für Investmentfonds
  13. Ombudsstelle für Sachwerte und Investmentvermögen
  14. Ombudsmann Private Kranken- und Pflegeversicherung
  15. Schlichtungsstelle Bausparen
  16. Schlichtungsstelle beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband e. V.
  17. Schlichtungsstelle für gewerbliche Versicherungs-, Anlage und Kreditvermittlung
  18. Sparkassen-Schlichtungsstelle Baden-Württemberg
  19. Verbraucherschlichtungsstelle beim Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands e. V. (VÖB)
  20. Versicherungsombudsmann e. V.
  21. VuV-Ombudsstelle beim Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland e.
  22. Ombudsmann Immobilien IVD/VPB – Grunderwerb und Verwaltung
  23. Schlichtungsstelle Nahverkehr
  24. SNUB – Die Nahverkehr-Schlichtungsstelle
  25. söp_Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.

Zuständigkeiten

Die Zuständigkeiten erstrecken sich auf Streitigkeiten aus einem Verbrauchervertrag (Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher) oder über einen solchen Vertrag, auf Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Mitgliedern von bestimmten Verbänden, Institutionen und Vereinigungen und Dienstleistern. Meistens sind die Verbraucherschlichtungsstellen auf einen bestimmten Themen- oder Kundenkreis spezialisiert. Es fällt auf, dass die Verbraucherschlichtungsstellen stets an eine Kammer, einen Verband oder eine Institution gebunden ist und dass es keine individuellen Verbraucherschlichtungsstellen gibt. Dies mag auf die Vorschriften des VSBG zurückgeführt werden, wonach privatrechtlich organisierte Verbraucherschlichtungsstellen von einem eingetragenen Verein getragen werden müssen.
Statistik

Im Jahr 2016 gingen 61.694 Anträge auf Durchführung eines Streitbeilegungsverfahrens ein. Im Jahr 2017 waren es 68.538. Der Zuwachs von 825 Eingängen im Jahr 2016 gegenüber 2.118 Eingänge im Jahr 2017 wird als überdurchschnittlich bezeichnet. Der Anteil von grenzübergreifenden Anträge (damit sind wohl Verfahren mit internationalem Bezug gemeint) habe nur 0,43 % betragen. Die Quote abgelehnter Anträge ging von 20% (2016) auf 18% (2017) zurück.

Bei Verbraucherschlichtungsstellen, die in den Anwendungsbereich des VSBG fallen, wurden in den Jahren 2016 und 2017 etwa drei Viertel der Anträge nach § 14 Absatz 1, 2 VSBG abgelehnt, weil die Verbraucherschlichtungsstelle nicht zuständig war oder weil der Antragsteller sich mit seinem Begehren nicht zuvor an den Antragsgegner gewendet hatte. Die Zahl der Fälle, in denen sich der Antragsteller nicht zuvor an den Gegner gewandt hat ging von 33 % im Jahre 2016 auf 26 % im Jahre 2017 zurück.

Die Teilnahme der Unternehmen ist unterschiedlich geregelt. Zum Teil besteht eine Mitwirkungspflicht. Insgesamt ist eine Steigerung der Teilnahme zu beobachten.

Die Einigungsbereitschaft betrifft die Verfahren, in denen sich die Parteien entweder durch eine Einigung im Vorverfahren oder durch Annahme des Schlichtungsvorschlags geeinigt haben, wäre mit der Erfolgsquote gleichzusetzen. Sie verzeichnet einen Rückgang um 11%. Sie betrug im Jahre 2016 durchschnittlich 61% im Jahre 2017 nur noch 50 %. Auffällig ist, dass bei den Verfahren, die eine freiwillige Beteiligung der Unternehmen vorsehen, die Eingungsquote deutlich höher liegt. Die mit 90 Tagen vorgegebene Verfahrensdauer wurde eingehalten und sogar eher unterschritten.

Evaluationsberichte

Die Verbraucherschlichtungsstellen wurden aufgefordert, Evaluationsberichte vorzulegen. Dort äußerten sie, die Verfahren seit dem Inkrafttreten des VSBG erheblich bürokratischer und formeller geworden seien. Bei komplexen und umfangreichen Streitigkeiten sei es mitunter schwierig festzustellen, welche Verbraucherschlichtungsstelle zuständig sei. Auch wird eine technisch einfachere Handhabung der ((OS-Plattform)) gewünscht. Die Finanzierung wird als ausreichend angegeben, obwohl die nachfolgende Auflistung belegt, dass eine Finanzierung aus den Fallpauschalen nicht möglich ist. Die Finanzierung der Trägerverbände erfolgt nach folgenden Konzepten:

  1. Lediglich eine Stelle finanziert sich ausschließlich über Fallpauschalen.
  2. 6 der privatrechtlich organisierten Verbraucherschlichtungsstellen finanzieren sich ausschließlich über Mitgliedsbeiträge.
  3. 12 der privatrechtlich organisierten Verbraucherschlichtungsstellen finanzieren sich aus einer Mischung von Mitgliedsbeiträgen und der Erhebung von Fallpauschalen.

Was fällt auf?

Viele der Verbraucherschlichtungsstellen hat es vorher schon gegeben. Die Schlichtungsstellen sind an Branchen gebunden. Ein Gewinn lässt sich nicht erwirtschaften. Die Konstruktion, dass ein Verein Träger einer Schlichtungsstelle sein muss, ist einzigartig. In der EU-Vorlage ist lediglich von einer “ADR-Entity” die Rede. Ein gemeinnütziger Verein (wie die Integrierte Mediation e.V.), kommt deshalb als Träger nicht in Betracht. Auch einzelne Mediatoren können keine Schlichtungsstelle bilden.