… und für die Kundschaft völlig kostenlos!
Meine schlimmsten Befürchtungen werden schneller übertroffen, als ich es mir jemals vorstellen konnte. Vertrete ich im demnächst erscheinenden Kommentar „Mediation geregelt“ noch den Standpunkt, dass nach unserer Verfassung jeder Richter, der vor hat, einen Verweisungsbeschluss zum Güterichter zu fertigen, verpflichtet ist, zunächst eine Richtervorlage zum Bundesverfassungsgericht einzureichen, um überprüfen zu lassen, ob ein derartiges Vorgehen verfassungsgemäß ist, so erübrigt sich das zumindest beim Amtsgericht Elmshorn. Oder lese ich da etwas falsch? Hat das irgendetwas mit Förderung der außergerichtlichen Mediation zu tun?
Können dort tatsächlich streitende Parteien einfach zum Gericht gehen und einen Antrag auf eine „Gerichtliche Mediation“ stellen? Die Großzügigkeit unserer Politiker, hier des Justizministeriums, kennt eben keine Grenzen, wenn es dem Wohl des Volkes dient, auch, wenn die Rechtsprechung auf dem Zahnfleisch daher kommt und die Verfassung, pardon, das Grundgesetz, allenfalls noch den Stellenwertert eines Gesundheitratgebers aus der Apotheke hat.
Eigentlich wollte ich den Schluss der Antrittsrede unseres (alten und) neuen Bundestagspräsidenten Dr. Norbert Lammert in einem scherzhaften Zusammenhang zitieren. Angesichts des „Werbeblatts“ des Amtsgerichts Elmshorn schließe ich mich aber den Worten des Präsidenten des Deutschen Bundestages am 22.10.13 genauso ernsthaft an, wie er es sicherlich selbst gemeint hat.
Übrigens. Ich selbst habe schon von außenstehenden, aber sorgfältigen Beobachtern unseres Staatssystems gehört, dass Deutschland die einzige Bananenrepublik West-Europas sei. ;-)
Spannend wird es immer bei solchen „Werbungen“ wenn man sich überlegt, dass die Vorteile des Güterichterverfahrens sonst in der Justiz wohl nicht vorgehalten werden. ist es das, was die Richter uns sagen wollen? Ich sehe darin immer ein Armutsbekenntnis. Das heisst im Klartext:
1. „Im Mittelpunkt der Güterichterverhandlung stehen die Beteiligten und das, was sie zu sagen haben“ => Normales Gericht: Parteien stehen nicht im Mittelpunkt und was sie zu sagen haben interessiert keinen?
2. „Es steht mehr Zeit zur Verfügung. In einem ca. 3-stündigen Gespräch können die Hintergründe des Konflikts und die Interessen der Beteiligten besser herausgearbeitet werden“ => Für ein Gerichtsverfahren würde der Richter weniger Zeit aufwenden? Also nicht so viel wie der Fall erfordert?
3. „Das Güterichterverfahren ist schneller. Ein Termin findet in der Regel binnen weniger Wochen statt“ = Ist die Terminierung etwa selektiv?
…
Ganz zu schweigen von dem Rest. Was man auch sieht ist, dass der Vorstoß – waren es die RAe? – zur Abschaffung des Güterichters genau das Gegenteil erreicht hat. Was passiert jetzt? Die Richter werden immer mehr Werbung machen, sie werden mehr Fälle kriegen und werden dann verlangen, dass die Justiz mehr Mediatoren einstellt (oder mehr Richter für die liegengebliebenen Fälle?). Dann wird das Ministerium merken, dass es so nicht geht und irgendwas verbieten. Was ich so schlimm finde ist, dass die Justiz vor lauter Mediation ganz vergisst die konventionellen Verfahren zu verbessern. Das ist dann ein Auslaufmodell. Aber zum Glück lieber Bernd, gehen wir davon aus, dass das Einzelfälle sind. Vielleicht sollten wir denen mal unter die Arme gerufen, damit wenigstens die Werbung stimmt. Das mit der gerichtsnahen Mediation und den Anwälten kommt schon etwas komisch rüber. Denn es ist genau keine gerichtsnahe sondern gerichtsinterne Mediation und es besteht kein Anwaltszwang im Güterichterverfahren. Und in 3 Stunden einen Familienkonflikt zu lösen und wieder eine tragfähige Beziehung zu schaffen besagt, dass die Mediatoren entweder die besten auf der Welt sind oder nicht wirklich wissen wovon sie reden. Vielleicht schreib ich die mal an :-)
Wg. Werbung unter die Arme greifen? Aber bitteschön und sofort.
Absender:
Das Güterichtermediationsteam
vom Amtsgericht Elmshorn
Liebe Elmshorner!
Das Güterichtermediatorenteam vom Amtsgericht Elmshorn bittet Sie, allen Bekannten, Verwandten und sonstigen Bürgern, besonders aber denen, die Sie nicht leiden können und mit denen Sie eventuell im Streit liegen (noch könnten), mitzuteilen, dass man am Amtsgericht eigentlich nie einen Anwalt braucht, auch dann nicht, wenn Sie von der Rechtslage keine Ahnung haben.
Unsere hochgeschulten MediatorInnen wird Ihnen mediieren und Sie werden schneller eine Lösung finden, als Sie glauben. Und (wir sind bestens vorbereitet) das geht so:
Schritt 1:
Beide Parteien begeben sich zusammen, morgens um 08:00 Uhr, zum Amtsgericht, Zimmer 0815, zur Justizsekretärinanwärterin oder zum Hausmeister, der die nötigen Formulare auch hat.
Schritt 2:
Sie füllen ein Klageformular aus. Name, Adresse u.s.w. und in das etwas größere Kästchen schreiben Sie ganz kurz rein, um was es geht und was Sie wollen.
Sodann macht die Anwärterin (oder der Hausmeister) einen Eingangsstempel drauf, begibt sich zum Kopierer und macht auf die Kopien einen Empfangsstempel. Sie unterschreiben dann bitte den Empfangsstempel auf der Kopie des Blattes, das die andere Seite ausgefüllt hat. (Geben Sie dem Hausmeister ein kleines Trinkgeld, dann macht er auch für Sie eine Kopie. Ist aber nicht unbedingt notwendig – also die Kopie für Sie).
Schritt 3:
Sie bekommen dann ein Blatt zum unterschreiben, das Sie sich nicht durchlesen müssen. Es ist der Antrag auf Überweisung zum Güterichter mit anhängendem Beschluss, der vom zuständigen Richter schon unterschrieben ist (er könnte ja in Urlaub sein – außerdem machen wir das in ihrem Interesse immer so. Sie wollen ja zum Güterichter). Aktenanlage und Aktenzeichen macht dann die Anwärterin (das darf der Hausmeister nicht).
Schritt 4:
In der 09:00 Uhr Pause(!) holt dann die Anwärterin (oder der Hausmeister) den Güterichterterminkalender und gibt ihnen einen Termin (es geht der Reihe nach).
Schritt 5: (Der Güteverhandlungstermin)
Ab 08:45 Uhr hat dann jede Seite (abwechselnd) 1 1/2 Stunden Zeit, seine Sache vorzutragen und zu begründen (die restliche viertel Stunde braucht dann der Güterichter, um etwas zu sagen und zur Protokollierung des Vergleichs). So wird man zur Mittagspause fertig.
Bedenken Sie dabei bitte, wie großzügig der Zeitrahmen ist. Sogar Größen, wie Helmut Schmitt oder Dr. Lammert, haben große Schwierigkeiten, dass man ihnen im Fernsehen so lange zuhört!
Um 11:45 Uhr sagt Ihnen dann der Güterichter, wie er die Rechtslage einschätzt und wie er entscheiden würde, wenn er denn dürfte. Sollten Sie damit Schwierigkeiten mangels Einsicht haben, bedenken Sie bitte, dass der Güterichter total neutral ist und Sie sich die Anwaltskosten gespart haben. Das macht einiges wett und außerdem wissen Sie ja nicht, wie der eigentlich zuständige Richter, wenn er zu einer Entscheidung gezwungen wird, die Sache sieht.
Der Güterichter diktiert den Vergleich und sagt: „Vorgespielt und genehmigt.“
F E R T I G !
Es grüßt Sie
das Elmshorner
Güterichterteam
Soweit also meine kostenlose Organisations- und Werbehilfe. Übrigens nennt man die vorstehenden 5 Schritte in der neuesten juristischen Leichtliteratur (seit dem 04.11.2013) das „Elmshorner 5 Phasen Güterichtermediationsmodell“(Kurz: EPG5).
Eine wichtige Anmerkung noch. Der Vorteil des EPG5 – Modells liegt darin, dass durch die Abkürzung zum Güterichter auch in Unterhalts- Vermögenssachen (Familiensachen) kein Anwaltszwang gegeben sein dürfte, denn in Mediationen kommt es prinzipiell nicht auf die Rechtslage an. In außergerichtlichen Familienmediationen ist das gewöhnlich so.
Wie man das macht und wie das funktioniert?
Arthur wird Sie vielleicht anschreiben.
Ich selbst mache seit Jahren zwar ausschließlich praktische Familienmediation, bilde also nicht aus, andrerseits bin ich käuflich. Also: 300,- € pro Person und 3/4 Std. + Spesen, insbes. Fahrt, 5 * Hotel (mit Hund erlaubt und Raucherzimmer), angenehme Freizeitgestaltung (langsame/r TennispartnerIn zu stellen) und kein Regen, seien zunächst genannt (Cheerleaders nicht unbedingt notwendig). ;-)
Na das ist ja ein kräftiger Griff unter die Arme. Das mit dem Trinkgeld halte ich für bedenklich. Wird man das nicht als Bestechungsversuch werten? Und im Flyer stand: Keine zusätzlichen Kosten! Ich bin sicher, dass EPG5 Schule machen wird. Was man noch ins Angebot nehmen könnte: Pauschal nur mit geringem Aufpreis geht’s dann zum Honeymoon nach Las Vegas. Ist doch ’ne Familiensache und war da nicht die Rede von geheilten Beziehungen? :-D
Vielleicht lässt sich das Problem für Außenstehende besser erfassen, wenn es leicht karikiert wird:
Bundesligaspiele mit Profiatmospäre – vor einem „Platzrichter“
DFB-Stadionmiete zu hoch? Unbespielbare DFB-Plätze? Zu hohe Kosten für Schiedsrichter?
Bundesligaspiele können jetzt auch bei schlechten Platz- und Witterungsbedingungen Plätzen durchgeführt werden – günstig und vor den Augen eines besonders geschulten Platzwartes, der als Schiedrichterersatzsurrogat fungiert.
Oft sind die Regeln des Fussballspiels auf schlechten Plätzen gar nicht einzuhalten – die Platzverhältnisse sind chaotisch, Alles läuft trotz Schiedsrichter „drunter und drüber“. Über das Ergebnis besteht Uneinigekeit. Die Fans sind enttäuscht und prügeln sich. Und all das kosten, und kostet, und kostet…
Daher wurde der Platzrichter „erfunden“ – ein Spezialist auf DFB-Plätzen. Er kennt die aufgrund besonderer Schulung die Schwächen sämtlicher DFB-Fussballplätze ganz genau, Auf seine umfassende und teure Ausbildung der oft überflüssigen Fussballregeln wurde bewusst verzichtet. Daher hat er auch keine Entscheidunskompetenz bei der Regelauslegung – und er erhält lediglich eine Aufwandsentschädigung zum Platzwarttarif.
Auf diese Weise kann er kostengünstig dafür sorgen, dass sich die Mannschaften auf ein Bundesligarabellen taugliches Ergebnis einigen.