Das geplante Mediationsgesetz regelt wesentliche Rahmenbedingungen der Mediation. Die Klärung der Wirksamkeit und der Rechtsfolgen einer Mediationsklausel überantwortet der Gesetzgeber jedoch wie bisher der Rechtsprechung. Da noch erhebliche Rechtsunsicherheit besteht, klärt der Beitrag von Prof. Dr. Unberath, Mediationsklauseln in der Vertragsgestaltung, NJW 2011, 1320, die Wirkungen einer Mediationsklausel und die Bedingungen ihrer Wirksamkeit.
Was sind Mediationsklauseln denn überhaupt?
Mediationsklauseln
Eine Klausel ist im Rechtswesen eine genau definierte Einzelbestimmung, die in Verträgen eingearbeitet wird. Die Mediationsklausel ist eine Vereinbarung in einem Vertrag, die im Falle eines Streites über den Vertrag vorsieht, diesen Streit (zunächst) im Wege der Mediation zu klären.
Mithin ist die Mediationsklausel ein wichtiger Multiplikator für die Mediation. Sie verhindert, dass die Vertragsparteien vorschnell das Gericht anrufen. Mediationsklauseln sind also bei Mediatoren durchaus willkommen. Trotzdem sind sie eine Herausforderung und nicht nur ein Segen für die Mediation.
Beispiele für Mediationsklauseln
Prof. Dr. Unberath stellt in dem zuvor zitierten Beitrag folgende Klauseln als Beispiel vor:
1. Die Parteien werden versuchen, alle Probleme, die bei der Durchführung dieser Vereinbarung entstehen, gütlich durch Verhandlungen zu lösen.
2. Gelingt es den Parteien nicht, ihre Meinungsverschiedenheiten binnen 60 Tagen nach der Aufforderung zur Aufnahme von Verhandlungen gütlich beizulegen, werden sie ein Mediationsverfahren gemäß der Verfahrensordnung des EUCON Institut für Conflict Management e. V. (EUCON) durchführen. Entsprechendes gilt, wenn die Verhandlungen nicht binnen 30 Tagen nach Zugang der Aufforderung aufgenommen werden.
3. Durch diese Vereinbarung ist keine Partei gehindert, ein gerichtliches Eilverfahren, insbesondere ein Arrest- oder einstweiliges Verfügungsverfahren durchzuführen.
Prof. Unberath weist nach, dass eine Mediationsklausel im Regelfall die Durchführung der Mediation zu einer Prozessvoraussetzung erhebt. Sie muss bei der Einreichung einer Klage also vorliegen. Er führt zu recht aus, dass eine so gestaltete Mediationsklausel als dilatorischer Klageverzichtaufzufasen ist und das Problem der Verfahrenskonkurrenz löst. Wurde trotz dem vorliegen einer Klausel keine Mediation durchgeführt, ist die Klage dem Willen der Parteien gemäß als unzulässig abzuweisen. Das Gericht hat kein Ermessen bei der Auslegung dieser Klausel, allenfalls bei der Frage, ob ein Mediationsverfahren durchgeführt wurde oder nicht. Wegen des Grundsatzes der Freiwilligkeit kann eine solche Klausel auch nicht die Durchführung eines Mediationsverfahren vorschreiben. Vorzuschreiben ist allenfalls, dass die Parteien sich zu einem solchen Verfahren verabreden und es versuchen. Kommt das Gericht dann zu dem Ergebnis, dass ein Mediationsverfahren nicht einmal versucht wurde, dann muss es die Klage als unzulässig abweisen.
Die Fallstricke der Mediationsklauseln
Gerade das zuvor genannte Beispiel zeigt die Gefahren und Fallstricke solcher Klauseln. Zunächst sei darauf hingewiesen, dass Verhandlungen, wenigstens die Anspruchsstellung eine Bedingung zur Erhebung von Gerichtsverfahren ist oder wenigstens sein sollte. Dies ergibt sich aus dem so genannten Rechtsschutzbedürfnis. Nach dem Rechtswörterbuch ist ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis nur gegeben, wenn der Kläger ein schutzwürdiges Interesse an der beantragten Rechtsschutzform hat. Wenn sich mehrere Verfahrensarten anbieten, ist der Kläger gehalten, die einfachste und die am weitesten gehende Klageart zu wählen. Das Rechtsschutzbedürfnis bezeichnet also das berechtigte Interesse einer Person, Rechtsschutz in einem gerichtlichen Verfahren zu erlangen. Es ist eine (ungeschriebene) Prozessvoraussetzung, die zur Unzulässigkeit der Klage führt, wenn das Interesse an einer gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen nicht erkennbar ist. Eigentlich könnte man über dieses Rechtsinstitut wenigstens die Subsidiariät der Justiz gegenüber selbständigen Versuchen der Konfliktbeilegung ausmachen. Die Praxis geht allerdings mit diesem Institut sehr nachlässig um. Nicht selten kommt es zur Klageerhebung, obwohl die Parteien nicht einmal selbst zuvor in Kontakt getreten waren, um ihre Ansprüche zu formulieren und zu verhandeln. Würde die Ziviljustiz sich als subsidiäres Instrument der Rechtsdurchsetzung verstehen, dann würde sie diese Regel zugunsten beliebiger parteiautonomer und kooperativer Bemühungen um eine konstruktive Streitbeilegung anzuwenden wissen. Da dies aber nicht der Fall ist, macht eine Klausel, welche die Parteien pauschal zu gütlichen Verhandlungen bei einem Streit über die Vertragsabwicklung oder -ausführung verpflichtet also durchaus Sinn. Auch wenn eine solche Klausel aus juristischen Gründen eigentlich überflüssig sein sollte, so macht ihre Erwähnung nicht zuletzt aus psychologischen Gründen in jedem Fall einen Sinn.
Die hier vorgestellte Mediationsklausel sieht eine Mediation nur dann vor, wenn die Verhandlungen der Parteien binnen Frist als gescheitert oder als nicht aufgenommen gelten. Hier werden die Parteien unter Druck gesetzt, die Verhandlungen binnen Frist zu einem positiven Abschluss zu bringen. Eine solche Klausel setzt sich über die Inhalte der Verhandlung, den Gesprächsbedarf und gegebenenfalls eine nachhaltige Gesprächsbereitschaft der Parteien hinweg. Sie geringschätzt deren Bemühungen und setzt sich über die Autonomie der Parteien hinweg. Kein Mediator mag es, wenn die Mediation unter einem Frist- oder Verhandlungsdruck steht. Es sollte also auch den Parteien überlassen sein zu entscheiden, wie viel Zeit sie für ihre Verhandlungen benötigen und zu erkennen, wenn diese gescheitert sind. Lediglich wenn die Verhandlungen als missbräuchlich und dilatorisch einzuschätzen sind, sollte eine Notbremse möglich sein. Daneben gibt es keinen Grund Verhandlungen grundlos oder nur wegen einer kaum auf den Konflikt sich einlassenden, im Vorhinein festgelegten Frist der Kompetenz der Parteien zu entziehen.
Besonders vor dem Hintergrund des Mediationsgesetzes erscheint es fraglich, ob die Bindung der Parteien an eine Mediationsverfahrensordnung zulässig sein kann. Voraussetzung wäre, dass die Verfahrensordnung dem Mediationsgesetz entspricht und tatsächlich eine Mediation beschreibt. Dies mag unterstellt werden. Da die Mediation aber ein parteihoheitliches Verfahren ist, bedeutet die Bindung an eine bestimmte Mediationsfirma oder eine vorgegebene Mediationsweise eine weitere Festlegung, die sich kaum auf die situativen Bedürfnisse einlassen kann und die darüber hinaus mit dem Grundsatz der Freiwilligkeit kollidiert. Ganz abgesehen davon, dass bei der Aushandlung von Verträgen, wo sich derartige Klauseln oft im Kleingedruckten wiederfinden, Machtstrukturen erkennbar werden können. Der vertragsmächtige Teil bestimmt dann, wer die Mediation durchführt. Natürlich legt er die Mediation durch die ihm nahestehenden Organisationen fest. Bedenkt man, dass die IHKs mit Eucon zusammenarbeiten und selbst Ausbildungen anbieten, dann gerät diese Klausel schon in der Verdacht, dass es um die Sicherstellung der eigenen Ausbildung geht. Hier sind zweckfremde Interessen erkennbar, die nichts mit der Qualitätssicherung zu tun haben müssen. Mithin bildet eine derartige Klausel auch eine Vorgabe, die dem Prinzip der Neutralität widerspricht.
Man könnte daran denken, die im Mediationsgesetz formulierte Transparenzpflicht im Falle der Involviertheit der Mediatoren bei der Verwendung derartiger Klauseln anzuwenden und eine Begründung zu verlangen, warum die Limitierung auf bestimmte Verfahrensordnungen gewünscht wird und wie die Verflechtung einer solchen Verfahrensordnung mit dem Verwender einher geht und welche Auswirkungen dies auf die Mediatorenauswahl hat.
In jedem Fall sollte es den Parteien überlassen sein zu entscheiden, welche Mediationsfirma und welche Mediationsweise im Einzelfall die zu wählende ist. Es gibt bereits schlechte Erfahrungen mit Schiedsklauseln, bei denen bestimmte Schiedsgerichte oder Verfahrensweisen vorgegeben waren. Dazu kommt, dass bei einer verklausulierten Vorgabe noch gar nicht abzusehen ist, um welcher Art Konflikt es sich handelt den es zu lösen gilt. Die Beantwortung dieser Frage sollte dem Mediator im Einvernehmen mit den Parteien überlassen sein. Es gibt evaluative, facilitative und transformative Verfahrensweisen. Die Auswahl der passenden Mediationsweise hängt von der Ausprägung des Konfliktes ab und kann erst im Verlauf der Mediation endgültig festgelegt werden. Auch hier wäre bei der vorgegebenen Bindung an Verfahrensstatuten überhaupt erst einmal zu prüfen, ob diese überhaupt die Bandbreite an möglichen und gegebenenfalls notwendigen Mediationsweisen und damit auch Interventionsmöglichkeiten vorhält.
Prof Dr. Unberath weist zu Recht darauf hin, dass es als kontraproduktiv anzusehen ist, wenn die Parteien trotz und neben der Mediation berechtigt sein sollen, eine gerichtliche Verhandlung durchzuführen. In der hier zitierten Formulierung der Mediationsklausel, könnte diese Regel sogar dazu führen, dass die Prozessvoraussetzung einer Mediation in Frage gestellt ist. Wenn Gerichtsverfahren neben der Mediation möglich sind, ist die Mediation keine Prozessvoraussetzung mehr. Trotzdem muss es den Parteien möglich bleiben, im Notfall das Gericht anzurufen, auch wenn Verhandlungen laufen. In dem Fall ist es aber wichtig zu klären, was das Gerichtsverfahren soll und welche Bedeutung es für die Verhandlungen hat. Sollen diese damit als gescheitert deklariert sein oder geht es nur um die Rechtswahrung, die ein Ergebnis offen lässt. Die einfachste Lösung ist es, die Absicht der Klageerhebung im Mediationsverfahren dem Mediator mitzuteilen. Er kann dann dafür sorgen, dass der Schritt an das Gericht nicht zur Eskalation führt. Um die dahinter liegende Absicht offen zu legen, mag es auch sinnvoll sein, dass die Parteien sich außerhalb einer Mediation dazu verpflichten, sich hierüber zu erklären. Ein Bedürfnis, das Gericht anzurufen ist bei einer laufenden Mediation nicht erkennbar – es sei denn es wird als Scheiternserklärung angesehen.
Sinnvoll ist es dann noch, sich schon im Vorfeld über die Kostenfrage zu erklären.
Nach dem hier vorgelegten Beispiel einer Mediationsklausel erscheint es erforderlich darauf hinzuweisen, dass das generelle Ziel derartiger Klausen nicht darin bestehen kann, die Mediation durch eine präferierte Einrichtung zu ermöglichen, sondern ausschließlich darin begründet sein muss, den Weg der Parteien in eine gütliche Einigung leichter zu gestalten als den Weg in eine gerichtliche Auseinandersetzung. Dieser Grundsatz sollte übrigens auch für die Gerichtsmediation gelten, wo die Richter diese eher im Wege eines Cross Sellings in die Justiz verkaufen, als auf die generelle Möglichkeit einer konstruktiven Streitbeilegung hinzuweisen.
Dort wo Mediationsklauseln mehr Fragen aufwerfen als sie beantworten und wo sie im Zweifel ungewollte Bindungen erzwingen, gehen sie am Ziel der Mediation und an ihrem Selbstverständnis vorbei. Solche Klauseln sollte niemand unterzeichnen.
Vorschlag für eine mediationsgerechte Klausel
Ein Beispiel wie eine Mediationsklausel gestaltet sein könnte, die den Prinzipien der Mediation entspricht und auch praktikabel ist, könnte wie folgt aussehen:
1. Die Parteien werden versuchen, alle Probleme, die bei der Durchführung oder Abwicklung dieser Vereinbarung entstehen, zunächst selbst gütlich zu lösen und sich hierüber einig zu werden.
2. Die Parteien haben sich über das Scheitern ihrer Verhandlungen zu erklären. Die Erklärung zum Scheitern der Verhandlungen kann unterstellt werden, wenn eine Partei die Gegenseite schriftlich zur Erklärung über das Scheitern durch eingeschriebenen Brief aufgefordert hat und dieser Aufforderung nicht binnen 2 Wochen entsprochen wurde.
3. Anstelle eigener Verhandlungen können die Parteien auch unmittelbar eine Mediation durchführen. Eine Mediation ist auch durchzuführen, wenn die eigenen Verhandlungen als gescheitert anzusehen sind. Die Bereitschaft, eine Mediation durchzuführen ist eine Prozessvoraussetzung. Die Bereitschaft gilt als nachgewiesen, wenn die Parteien sich wenigstens zu einem kostenlosen Informationsgespräch bei einem Mediator eingefunden haben. Der Mediator hat die Teilnahme zu bescheinigen.
4. (Bei Cross Border Fällen) Die Mediation unterliegt dem Recht des Staates ….. Die zu treffende Vereinbarung unterliegt dem Recht, das auch für den Vertragsabschluss als gültig erkannt wurde. Die Sprache in der Mediation ist …. Der Standort des Mediationsverfahrens soll sein ….
5. Die Auswahl des Mediators obliegt den Parteien. Auch entscheiden sie über die Zahl der zu involvierenden Mediatoren und über deren Anforderungen. Können sie sich nicht auf einen Mediator verständigen, unterwerfen sie sich dem Vorschlag von XXX (gemeint ist eine neutralen Einrichtung, die eine Mediatorenvermittlung anbietet. Bei Cross Border Mediation ist dies z.B. EuroNetMed ansonsten gegebenenfalls fairinstance oder anderen Mediatorensuchdienste, die angeregt sein sollten, die Auswahl über einen Zufallsgenerator vorzuschlagen).
5. Die Mediation gilt als gescheitert, wenn eine der Parteien sie durch Erklärung gegenüber dem Mediator abbricht. Einer Begründung für den Abbruch bedarf es nicht (Grundsatz der Freiwilligkeit).
6. Entsteht das Bedürfnis für Eilentscheidungen im Verlauf der Verhandlungen, auf die sich die Parteien nicht verständigen können, dann steht es ihnen nach einer begründeten Information an die Gegenseite frei, das Gericht anzurufen. Die Eilbedürftigkeit ist nachzuweisen. Sofern eine Mediation bereits anhängig ist, ist sie dem Mediator zuvor mitzuteilen
7. Die Kosten der gütlichen Einigung sollen als gegeneinander aufgehoben gelten, auch wenn es zu einer anders lautenden Kostenentscheidung im Falle einer gerichtlichen Entscheidung kommen sollte.
Fazit
Wenn sich schon die Parteien zu einer gütlichen Einigung verpflichten und eine Mediation dafür vorsehen, dann sollte dies auch nach den Regeln der (Mediations-)Kunst erfolgen und ausschließlich den Parteiinteressen dienlich sein. Die Regeln der Mediationskunst ergeben sich übrigens aus den Prinzipien der Mediation, die wir im Werkzeugkoffer aufgelistet haben.
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