„Wer keine Vergangenheit mehr hat, der hat auch keine Zukunft“. Das Zitat von Michael Ende aus „Die unendliche Geschichte“ passt schon wegen des Buchtitels, wenn wir auf das Jahr 2019 zurückblicken und dabei die Mediation im Blick haben. Wir erkennen darin die konfuzianische Weisheit: „Der Weg ist das Ziel“. Wir sind auf dem Weg!

Für uns war 2019 ein intensives Jahr in der Verbandsgeschichte. Es markiert einen wichtigen Schritt auf unserem Weg. Kennzeichnend war die Komplexität des Themas und der Arbeit.

Wir sind stolz darauf, dass wir unseren Weg beibehalten und weitergehen konnten. Das ist in einer Zeit, die sich eher an Machtstrukturen, Narrativen und Mehrheiten als an Werten und Inhalten orientiert, schon etwas Besonderes.

Wir sind wir!

Wir sind sowohl als Verein wie auch als Idee in der Landschaft der Mediation zu identifizieren und nicht mehr wegzudenken. Und nicht nur das. Wir sind uns auch bis heute treu geblieben. Der Blick auf das Ganze mag diese Selbsteinschätzung erläutern:

Mit dem Portal Wiki to Yes wurde eine Plattform geschaffen, in der alle Ereignisse und Fragen, die im Mediationsjahr 2019 aufgekommen waren, erfasst sind. Wiki to Yes ist ein Metaportal, dessen Arbeit vom Verein Integrierte Mediation unterstützt und gefördert wird. Einer der, mit der inzwischen wohl größten, frei zugänglichen Datenbank über Mediation verfolgten Zwecke besteht darin, der Mediation auf den Grund zu gehen, ihre Vielfalt zu erkennen und Strömungen aufzuzeigen, mit denen die Entwicklung der Mediation nachvollziehbar wird. Eine gute Übersicht über den Zustand und die Entwicklung der Mediation finden Sie deshalb im Mediationsreport 2019 und im dortigen Nachrichtenüberblick.

Das Ergebnis lautet: Die Mediation ist auf dem Weg. Sie ist weiter entwickelt als vielfach angenommen. Möglicherweise entwickelt sie sich aber auch in eine andere Richtung als gedacht. Bei genauem Hinsehen ist es aber nicht klar, auf welchem Weg sie sich befindet.

Die Vielfalt der Mediation erlaubt ganz unterschiedliche Herangehensweisen, Interpretationen und Weichenstellungen. Trotz der mahnenden Rufe, sich auf die Wurzeln zu besinnen und eine Klarheit über grundlegende Fragen herzustellen, werden Forderungen erhoben, deren Sinn und Zeck nur vordergründig klar zu sein scheint. Man könnte sogar unterstellen, dass die Mediation nur noch ein Wort ist, das der Politik auf die eine oder andere Weise zuspielt, um ganz andere Interessen durchzusetzen. Was damit gemeint ist, erläutert der Beitrag Implementierung.

Im politischen Mittelpunkt standen die kleinen Anfragen im Bundestag (siehe z.B. Staatlicher Eingriff gefordert) und der politische Druck auf die Regierung, die sich schließlich veranlasst sieht, wenigstens einen Round Table zu organisieren. Bei den B- und D-Verbänden steht die Frage der Zertifizierung im Mittelpunkt. Man hat sich Ziele gesetzt. Aber wer fragt, ob und inwieweit diese Ziele mit der Mediation einher gehen und wirklich zu ihrer Förderung beitragen?

Henne und Ei

Im Chaos (gemeint ist die Komplexität des Themas), so meinte eine Teilnehmerin kürzlich in einer Sitzung des DFfM, müsse man einfach nach vorne gehen. Nur so ließe sich das Chaos bewältigen. Ist das so?

Wie lässt es sich ohne eine Vision überhaupt klären, was vorne und hinten ist? Ja die Zukunft ist nicht planbar. Vorhersehbar ist aber, was sich woraus ergibt. Deshalb ist die Frage berechtigt, ob es Sinn macht, Standards für die Ausbildung festzulegen, ohne dass es Standards für die Ausführung des Produktes gibt? Macht es Sinn, Streitparteien in ein Verfahren zu zwingen, für das sie nicht bereit sind? Macht es Sinn eine Berufskammer für Mediatoren zu fordern, ohne dass klar ist, was den Beruf des Mediators überhaupt auszeichnet?

Ja, es klingt wie die Diskussion um Henne und Ei. Die Produktstandards können ja auch später noch in die Ausbildungsstandards einbezogen werden. Aus dem Zwang zur Nachfrage der Mediation kann ja die Bereitschaft entstehen. Eine Berufskammer kann sich ja auch mit der Frage nach den beruflichen Anforderungen auseinandersetzen. Worüber reden wir also?

Wir haben eine Vision!

Wir reden über die Frage, ob wir uns noch auf dem richtigen Weg befinden, wenn die Ziele unklar sind und die Meilensteine nicht zur Mediation, sondern zu etwas anderem passen, das die Besonderheit der Mediation nicht in sich trägt.

Im Mai hatten wir wieder eine große internationale Konferenz. Sie befasste sich mit genau diesem Thema. Um die Relevanz aufzuzeigen, hatten wir einen Professor aus Israel einfliegen lassen, der sehr deutlich gezeigt hat, wie sich die Mediation entwickelt, wenn Weichen gestellt werden, die nicht in eine Vision der Mediation, sondern in etwas anderes führen (Siehe Mediation in Bereitschaft).

Ohne eine Vision gibt es keine eindeutige Ausrichtung. Ohne ein Konzept gibt es keinen Handlungsrahmen. Wir meinen, dass die Mediation ganz nach dem Motto: „Wer Frieden will, sollte nicht Krieg führen“, mediative Strukturen auch bei ihrer Implementierung beachten sollte. Unser Motto lautet: „Wer die Mediation (einführen) will, sollte zur Mediation greifen“. Die Mediation könnte dann sogar der Politik zeigen, was sie wirklich kann, wie sie die Politik und die Gesellschaft fördert und wie sie die überall zu beobachtende Polarisierung in einen Konsens überführen könnte.

Wir vertreten dazu eine klare Meinung. Unsere Vorstellungen von einer mediationsgerechten Implementierung wurden in einem Manifest niedergelegt, das mit allen Mitgliedern abgestimmt wurde.

Wer auch bei der Einführung der Mediation wie ein Mediator denkt, legt zunächst ein am Nutzen orientiertes Ziel fest. Dann definiert er die Nutzenkriterien, um darauf basierend nach der zum Nutzen passenden Lösung zu suchen. Die Studenten in unseren Ausbildungen lernen, wie schwierig diese ungewohnte Art des Denkens ist. Sie lernen aber auch, wie erfolgreich sie ist. Gleichzeitig wird erkennbar, worin die Vision der Integrierten Mediation besteht und was das dazu passende Konzept ist:

Wir sehen in der Mediation einen kognitiven Prozess (eine kompetente Art des Denkens), bei der das einander Verstehen im Mittelpunkt steht. Sie erstreckt sich über eine Bandbreite von der Alltagsanwendung bis hin zum professionellen Unterstützungsangebot. Sie fließt in Alles ein und verwirklicht sich im (mediativen) Weg.

Der Blick nach vorne

Wir werden nicht aufhören, diese Vision zu verbreiten. Anders als zu den Gründungszeiten (im Jahre 2001), haben wir heute eine solide Basis, mit der sich unsere Sicht auf die Mediation erklären und herleiten lässt.

Wir verfügen inzwischen (wohl als der einzige Verband weltweit) über eine mediationstheoretische Grundlage (siehe Theorien und kognitive Mediationstheorie). Wir nutzen eine Wissensbasis, mit der wir die Selbstreferenzialität überwinden. Wir verfügen über ein Konzept für Berufsmediatoren. Wir haben Benchmarks entwickelt, mit der sich die Arbeit des Mediators planen und absichern lässt. Wir richten die Ausbildung neu aus und entwickeln mit der Taskforce Produkte, die den Geist der Mediation in sich tragen. Wir sind politisch aktiv, wobei wir uns in all unserem Handeln am Maßstab der Mediation messen lassen wollen.

Der Weg ist das Ziel

Mit dem nunmehr weit über 600 Mitgliedern (485 Mitglieder in Deutschland) zählenden Verband stehen wir vor der Herausforderung, neue Strukturen einzuführen, die dem geforderten Wachstum des Verbandes gerecht werden.

Das Thema ist nicht neu. Allerdings haben wir in diesem Jahr wichtige Schritte in diese Richtung unternommen.

Es gibt einen neuen Vorstand, der sich sehr engagiert und arbeitsteilig den Fragen stellt, die ein Verband zu bewältigen hat.

Im Mittelpunkt stehen die Mitglieder. Deshalb haben wir eine Umfrage gestartet und intensiv an der Webseite gearbeitet. Sobald Sie das Intranet betreten, finden Sie die Verweise auf die wichtigsten Seiten und Tools. Uns geht es darum, Informationen besser auszutauschen und die Mitglieder einzubeziehen. Wir möchten erreichen, dass die Leitungsfähigkeit unseres Verbandes nicht nur besser gesehen, sondern auch in Anspruch genommen wird.

Allein das Leistungsangebot rechtfertigt den eher symbolischen Mitgliedsbeitrag um ein Vielfaches (siehe Mitgliedschaft).

Der neue Vorstand hat sich zur Transparenz verpflichtet. Sie können die Vorstandsarbeit nicht nur Schritt für Schritt nachvollziehen, sondern auch aktiv daran teilhaben (siehe das Portfolio Vorstandsarbeit).

Alle Projekte werden in Portfolios aufgegliedert, sodass Sie sich jederzeit über deren Vorhandensein und Stand informieren können (siehe Verbandsarbeit).

Um die Kommunikation unter den Mitgliedern zu fördern, haben wir das Mitgliederverzeichnis optimiert, sodass Sie jederzeit miteinander in Kontakt treten können. Wir haben Online-Konferenzräume eingerichtet, sodass Sie sich jederzeit auch persönlich treffen und sogar Konferenzen und Peergroupmeetings ausrufen können.

Strukturell arbeiten wir an einer besseren Unterstützung der Regionalgruppen und Fachbereiche. Die internationalen Standorte wurden weiter ausgebaut, was sich in der Nachfrage nach dem Know how der Integrierten Mediation bemerkbar macht. Als Reaktion darauf wird im Mai 2020 zum ersten Mal die Summer School, ein 4-tägiges, internationales Intensivtraining in Tallin angeboten.

Hinsichtlich der Ausbildung erweitern wir das Angebot. Ab 2020 wird es ein drittes Semester bei der ZFH geben mit einer vollumfassenden Ausbildung zum Berufsmediator. Unser Maßstab ist, dass es bei einem Berufsmediator nicht mehr darauf ankommen darf, welchem Grundberuf er angehört. Begleitend werden wir, dem Wunsch der Mitglieder folgend, ein erweitertes Fortbildungsprogramm anbieten. Um diesen Weg zu sichern, wird den Ausbildungsbeirat neu aufgestellt.

Natürlich steht die Verbreitung der (integrierten) Mediation im Mittelpunkt unseres Denkens, was auch der Satzungsauftrag ist. Wir bemühen uns, die (integrierten) Mediatoren besser sichtbar zu machen. Sie haben z.B. die Möglichkeit, sich in der VIP-Lounge vorzustellen. Nutzen Sie bitte auch die Social Media Auftritte und das Pressefach.

Mit Kooperationen im In- und Ausland versuchen wir Ihnen den Zugang in Branchen und Netzwerke zu ermöglichen.

Wir sind die Integrierte Mediation

Es ist eine Menge und die Liste ist noch nicht zu Ende. Auch wir sind noch lange nicht am Ende. Aber wir sind auf dem Weg. Die Mediation ist lebenslanges Lernen, Üben und Anwenden. Wir tragen dazu bei.

Wir sind die Integrierte Mediation!

Der Vorstand
i.V. Arthur Trossen, Vorsitzender

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