Die Art und Weise wie Mediatoren mit Fällen umgehen, hängt wesentlich davon ab, welches Mediationskonzept sie verfolgen. Die Unterscheidung von Mediationskonzepten entspricht einer Systematik, die die Integrierte Mediation entwickelt hat, um die unterschiedlichen Varianten und Erscheinungsformen der Mediation besser auseinanderzuhalten. Bisher sind uns zwei grundsätzlich zu unterscheidende Konzepte bekannt:

Mediationskonzepte

Das bekannteste und am weitesten verbreitete Konzept ist die auf dem Harvard-Konzept beruhende Mediation. Geht man näher auf den wissenschaftlichen Hintergrund der Mediation ein, wird deutlich, dass es keine anerkannte Theorie gibt, die die einzelnen Schritte, Maßnahmen und Zusammenhänge der Mediation genau beschreiben kann. Die Ergebnisse des Harvard-Konzeptes sind zwar in die Mediation eingeflossen. Sie erklären aber nur etwa 30% dessen, was in der Mediation genau passiert.

Es ist dem historischen Ursprung der Integrierten Mediation zu verdanken, dass sich die sogenannte kognitive Mediationstheorie entwickelt hat. Sie basiert auf der Idee, dass die Mediation ein kognitiver Entscheidungsprozess ist und leitet alle dazu erforderlichen Erkenntisse aus dem erkenntnistheoretischen Ansatz her.

Arbeitskonzept

Aus dem Mediationskonzept ergibt sich das Arbeitskonzept, also die Beschreibung, was wie in der mediativen Fallbearbeitung zu beachten ist. Weil die Erkenntnisse des Harvard-Konzepten natürlich alle in die kognitive Mediationstheorie eingeflossen sind, finden sich hier natürlich die Prinzipien und die Phasen wieder. Sie werden in einer Mediationslogik zusammengeführt, über die sich die einzelnen Elemente des Kognitionsprozesses bestimmen und zusammenführen lassen. Werden die Elemente korrekt zusammengeführt, entfaltet die Mediation eine ganz eigene Wirksamkeit, die wir bei der Integrierten Mediation als den Flow bezeichnen.

Elemente und Kybernetik

Wie in der Natur genügt es nicht, die Baustoffe eines Lebewesens zu kennen. Entscheidend ist, wie sie sich zu einem Ganzen zusammenfügen und wie sie miteinander interagieren, sodass daraus ein Lebewesen werden kann. Die Idee, etwas zu einem Ganzen zusammenzuführen, verbirgt sich übrigens auch in dem Begriff Integration. Die Nähe zu der hier zu beschreibenden Vorgehensweise ist so gesehen also auch im Begriff der Integrierten Mediation abzulesen. In diesem Beitrag soll es jedoch nicht darum gehen, die wissenschaftliche Herleitung zu erläutern oder die Kybernetik der Mediation, wo die Dimensionierung dazu beiträgt, den Erkenntnisprozess zu ermöghlichen. Vielmehr soll es darum gehen, die Konsequenzen dieser Herleitung auf die Fallbearbeitung zu beschreiben.

Arbeitsanleitung

Das Phasenschema beschreibt nur grob, warum was in welchen Schritten in der Mediation abzuarbeiten ist, damit sich der Erkenntnisprozess verwirklichen kann. Das folgende Ablaufschema soll wie eine Checkliste dienen und sicherstellen, dass alle Aspekte des mediativen Erkenntnisprozesses zumindest erfasst werden.

Phase 0

  1. Prüfung der Geeignetheit
  2. Anfertigung einer Konfliktanalyse (Hypothesen)

Phase 1

  1. Begrüßung / Vorstellung
  2. Soweit schon möglich: Identifikation der Parteien
  3. § 3 Abs. 1 Mediationsgesetz: Hinweis auf Vorkontakte
  4. Nur falls noch nicht geschehen: Prüfung der Geeignetheit (setzt Konfliktanalyse voraus)
  5. Darauf basierend: Zielvereinbarung (Suche nach Lösung )
  6. Darauf basierend: Wegvereinbarung (Mediation als Verfahren)
  7. Soweit jetzt schon möglich: Vorstellung des gegebenenfalls Mediationsmodells
  8. Vereinbarung der Rahmenbedingungen: Rollen, Offenheit, Vertraulichkeit, Freiwilligkeit,
  9. Evtl. Setting (Sitzordnung analysieren)
  10. Evtl. (nur bei Bedarf) Gesprächsregeln
  11. Arbeitsbündnis: Zusammenfassung der Vereinbarungen

Phase 2

Ablauf bei Sachverhaltsmethode:

  1. Erläuterung der Phase
  2. Aufforderung das Problem / den Fall zu schildern
  3. Wer fängt an – Spiel
  4. Zusammenfassung, Positionen herausarbeiten, Themen dazu bilden.
  5. dto mit Gegenpartei
  6. Vergewissern, ob es weitere Themen gibt
  7. Themenfolge festlegen
  8. Zusammenfassen

Ablauf bei Themensammlung und Kärtchenmethode:

  1. Erläuterung der Phase
  2. Aufforderung Themen zu nennen
  3. Themenfolge festlegen
  4. Zusammenfassen

Phase 3

  1. Erläuterung der Phase
  2. Methodenwahl: Ping Pong, Windhund, Mindmapping
  3. Wer fängt an
  4. Interessen (Lösungskriterien) je Thema erarbeiten im Windows 1 als Brainstorming erarbeiten
  5. Nach Selbstoffenbarung Windows 2
  6. Zusammenfassung

Phase 4

  1. Erläuterung der Phase
  2. Brainstorming Angebote / Lösungsoptionen
  3. Bewertung der gefundenen Optionen
  4. Überprüfung der Verwertbarkeit
  5. Überprüfung streitiger Fragen
  6. Überprüfung von Alternativen (WATNA-BATNA)
  7. Festlegung des Lösungskonzeptes
  8. Zusammenfassung

Phase 5

  1. Erläuterung der Phase
  2. Entscheidung für eines der Lösungsmodelle
  3. Verifikation: Prüfung der Überzeugung (dahinter stehen), Vollständigkeit und Nachhaltigkeit
  4. Sicherung: Prüfung der Verlässlichkeit (Was tun, wenn sich keiner daran hält?)
  5. Formulierung der Abschlussvereinbarung

Arbeitshilfen

Nicht nur auf dieser Seite, sondern noch erweiternd und in die Tiefe gehend, finden Sie wertvolle Hilfen bei der Fallarbeit. Hier eine Übersicht:

  • Ablaufschema: Sie können das Schema und weitere Checklisten und Formulare bei Wiki to Yes abrufen
  • Arbeitshilfe: Unter diesem Begriff werden die einzelnen Punkte des Ablaufschemas und andere Schritte des Erkenntnisprozesses im Detail erläutert.
  • Mediatorenkoffer: Der Mediatorenkoffer stellt alle Werkzeuge des Mediators zusammen. Darunter befinden sich auch Fehlerlisten, Pflichtenverzeichnis, Interventionenverzeichnis und vieles mehr.
  • Benchmarks: Die Benchmarks dienen der Qualitätskontrolle und Überprüfung der Fallarbeit