Präzises Zuhören ist eine zentrale Technik der integrierten Mediation. Es ist die Erweiterung des Loopens und des aktiven Zuhörens.
Alle Mediatoren kennen das aktive Zuhören. Oft wird der Begriff inflationär gebraucht. Die Abgrenzung zum Echo, als geringere Aufmerksamkeit, und zur Paraphrase, als eine auf das Gemeinte abstellende Aufmerksamkeit, wird vermischt. In der Technik des Loopens werden das aktive Zuhören, das Paraphrasieren und das Verbalisieren in der Mediation zusammenfassend beschrieben.
Die Technik
Das Loopen erlaubt die Synchronisation und – wie es bei der in-Mediation gelehrt wird – auch die Steuerung durch das Verfahren und somit auch durch einen Denkprozess. Mit dem aus der integrierten Mediation heraus entwickelten und von Arthur Trossen eingeführten “präzisen Zuhören” wird nicht nur die Kommunikation, sondern auch das Denken synchronisiert, indem das Loopen um die Technik der Mäeutik angereichert wird.
Die Technik des präzisen Zuhörens geht weiter als die des aktiven Zuhörens. Sie ist eine Fortführung des Loopens und erlaubt es, die ausgetauschten Information zu qualifizieren und zu verifizieren, ohne sie dabei zu bewerten.
- Qualifikation:
Es macht z.B. schon einen Unterschied, ob wir über Fakten, Meinungen oder Emotionen streiten. Die Qualifikation hilft also, den Streit auf die richtige Basis zu stellen. - Verifikation:
In der Mediation geht es nicht nur um das Verstehen, sondern auch um das kritische Nachvollziehen. Es geht also nicht nur um die Frage: „Was hat mein Gesprächspartner gemeint?“ sondern auch um die Frage: „Kann das stimmen, was er gerade gesagt hat?“
Einen Eindruck davon, warum und wie die Technik des “präzisen Zuhörens” zur Anwendung kommt, wurde in einer Matinee anlässlich der Jahresversammlung des Vereins Integrierte Mediation im Dezember 2012 von Hubert Merkel aufgezeichnet und als Video zur Verfügung gestellt. Dies geschah auf Wunsch einiger Mitglieder, die an der Veranstaltung nicht teilnehmen konnten. Hier können Sie sich das Video jetzt anschauen.
Die Hintergründe
Die Besonderheit des präzisen Zuhörens ist die Einbeziehung der Mäeutik, der sokratischen Fragetechnik, auch Hebammenkunst genannt. Der Zuhörer nimmt nicht einfach an was gesagt wurde. Er stellt es in Frage. Nicht um Fehler aufzudecken, sondern um sich überzeugen zu lassen. Je präziser der Zuhörer zuhört, je präziser er denkt, desto präziser sind seine Rückmeldungen. Präzises Zuhören ist Denken in kleinen Schritten. Das gelingt sowohl innerhalb wie außerhalb einer Mediation.
Nach meiner Meinung, ein ganz hervorragender Vortrag, den sich gerade ausgebildete Mediatoren nicht entgehen lassen sollten. In kurzer Zeit, sehr tief gehend.
Besonders erfreut war ich zunächst, dass gleich am Anfang auf die Subsumtion, also der Grunddenkweise des Juristen, was er ja jahrelang gelernt hat, im Hinblick auf die Komplexität der Lebenssachverhalte, eingegangen wurde. Der Praktiker sollte dies schon im Eingangsgespräch verdeutlichen, denn gerade das ist den Medianden eigentlich nie bewusst.
Die intensive Zusammenfassung der wichtigsten Elemente der Mediation und die Beispiele, besonders auch die Erklärungen zur Mäeutig, war für mich wieder mal sehr erbaulich. Auch (gerade) praktizierende Mediatoren sollten immer wieder über die Grundlagen nachdenken.
Und wenn man aufmerksam und “präzise” zuhört, eröffnet sich immer wieder Neues.
Mit Dank, großem Gewinn und Gruß
Bernd
Ein guter und nicht zu langer Vortrag über die wichtigsten Dinge bei der Mediation.
In der Tat ist der Vortrag gerade auch für die Praktiker wertvoll, da der Unterschied vom aktiven zum präzisen Zuhören bewusst gemacht wird.
Aber eine der wichtigtsen Grundvoraussetzungen für unsere Arbeit als Mediatoren ist immer wieder die Haltung.
Wenn die Grundhaltung geprägt ist von Wertungen und Lösungen im Hinterkopf, erschwert es das Zuhören in der Mediation ungemein.
Für mich als gelerntem Juristen war es spannend, sich zu vergegenwärtigen, dass die Juristen ein Sachverhalt einer Norm zuordnen und auch unterordnen, da sie sonst aus richterlicher Sicht oft nicht zu einer Entscheidung kommen können.
Ob dies dem tatsächlichen Bedürfnissen und Interessen der Rechtsuchenden entspricht, erlaube ich mich sehr stark anzuzweifeln.
Die gerichtliche Praxis gibt uns hierbei immer wieder unschöne Beispiele.
Ein insgesamt spannender und gelungener Vortrag.
Vielen Dank dafür.
Gruß
Wolfgang Reich